Sie wandern durch die Wälder zwischen Giershagen und Padberg. Plötzlich stehen Sie vor einem historischen Grubenwagen. Oder einer Köhlerhütte. Dann wundern Sie sich nicht: Sie haben eine Station der Giershagener Bergbauspuren erreicht. Auf einer Strecke von gut 18 Kilometern können Sie den Bergbau im Sauerland neu entdecken.
Sie können an einer beliebigen Station der Bergbauspuren Giershagen starten und eine der zwei Etappen (oder beide an einem Tag) durchwandern. Sie möchten mit Station 1 beginnen. Dann starten Sie direkt in der Ortschaft Giershagen, einem Ortsteil von Marsberg. Fahren Sie von Marsberg aus zunächst über die Bundesstraße 7 in Richtung Bredelar und folgen Sie anschließend der Landstraße 870 nach Giershagen. Sie finden den Startpunkt nahe der Kreuzung zwischen der Papenstraße und dem Adorfer Weg. Speichern Sie in Ihren GPS die folgenden Koordinaten: 51.406404983844936, 8.826191865485724. Hier finden Sie die dazu passende Karte.
Schon im Jahre 1273 wurde der Bergbau bei Giershagen erstmals urkundlich erwähnt. Im Verlauf von 1000 Jahren wurde hier Kupfer, Eisenerz und Cölestin abgebaut. Frühe Gruben befanden sich am Giershagener Flur am Arnstein, am Eckefeld und am Watersberg. Das Kloster Bredelar verfügte damals über eine eigene Schmelzhütte. Im 18. Jahrhundert wurde eine Vielzahl neuer Gruben errichtet, so etwa am Hübelhof, am Buchholz und auch im Dorfgebiet von Giershagen. Es folgten Kupfergruben am Homberg, am Kaltenbeutel und im Leitmarer Bruch. Später auch am Thiemberg, am Maybusch und am Waterberg. Im Jahre 1873 wurde die Ruhrtalbahn fertiggestellt. Die Blütezeit des Bergbaus in Giershagen lag in der zweiten Hälfte des 19. Jahrunderts. Die letzte Grube war im Jahre 1963 aktiv.
In gut 1000 Jahren Bergbau rund um Giershagen kamen unterschiedliche Techniken des Abbaus zum Einsatz. Im frühen Mittelalter wurden die Erze zunächst im Tagebau gefördert. Später setzte sich der Weitungsbau durch. Im Verlauf des Erzgangs wurden später senkrechte Schächte angelegt, die Brunnen ähnelten. Diese Schächte waren mit schmalen Nebenstollen verbunden, in denen die Bergleute nur liegend oder kriechend arbeiten konnten. Vom abgeteuften Hauptschacht aus erfolgte der Abbau des Erzkörpers im sogenannten Weitungsbau, wobei die Arbeiten „von oben nach unten“ vorangetrieben wurden. Das gewonnene Erz musste dabei mühsam über den Schacht nach oben transportiert werden. Die Schächte, die in das harte Gestein getrieben wurden, waren äußerst schmal, oft nur 50 Zentimeter bis 1 Meter breit, und besaßen keine Sprossenleitern. Im stabilen Diabas war ein Ausbau zur Sicherung in der Regel nicht notwendig. Schächte in weicherem Gestein wiesen jedoch größere Durchmesser auf und wurden zur Stabilisierung mit jungem, gebogenem Eichenholz abgestützt. Bis etwa 1930 konnten solche Schächte noch bei alten Kupfergruben in der Nähe von Borntosten besichtigt werden.
Mit zunehmender Tiefe war der einfache Schachtbau nicht mehr ausreichend. Um die Arbeit fortzusetzen, wurde ein zweiter Schacht angelegt, der parallel zum ersten verlief und etwa 4 bis 8 Meter entfernt lag. Beide Schächte führten in denselben Abbauhohlraum und sorgten für die notwendige Luftzirkulation in der Grube. Der zusätzliche Schacht diente nicht nur der Förderung und Entwässerung, sondern auch als Sicherheitszugang bei einem möglichen Einsturz. Durch diese Bauweise konnten die Eisensteinlager in Tiefen von etwa 8 bis 16 Metern erreicht werden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden Teufen von bis zu 30 Metern erzielt, und vereinzelt reichten die Schächte sogar bis zu 40 Meter tief. Die Grundwasserlinie setzte jedoch eine natürliche Grenze für die Abbauarbeiten in der Tiefe. Ein Beispiel für diese charakteristischen Doppelschächte findet sich noch heute im Bereich des Pingenzugs im Schmalental.
Ab 1600 änderte sich die Methode des Erzabbaus grundlegend. Statt horizontal vorzugehen, wurden nun Schächte vertikal in die Tiefe getrieben und Stollen quer dazu angelegt. Das Erzlager wurde von unten nach oben abgebaut, eine Technik, die als „Firstenbau“ bezeichnet wurde, da die Arbeiten an der obersten Schicht (Firste) des Lagers stattfanden. Das Erz fiel dabei nach unten und wurde anschließend mit Loren, sogenannten Hunden, durch die Stollen aus der Grube transportiert. Der Firstenbau eignete sich besonders für steil einfallende Lagerstätten und konnte mit oder ohne Verfüllung des leeren Abbauraums erfolgen. Von der Hauptförderstrecke aus wurde ein Überhau angelegt, von dem aus die Firstenstrecke vorangetrieben wurde. Der Abbau begann dann in eine oder beide Richtungen.
Nach Abschluss der Arbeiten wurde der entstandene Hohlraum mit unbrauchbarem Gestein oder Material von der Oberfläche gefüllt. Diese Verfüllung diente zugleich als Grundlage für weitere Arbeiten. Eine Variante des Verfahrens, der sogenannte Firstenstoßbau, wurde im 20. Jahrhundert genutzt. Hierbei wurde der Abbau in langen Abschnitten, den sogenannten Stößen, vorangetrieben, die bis zu 200 Meter lang sein konnten (beispielsweise in der Grube Webel zwischen 1938 und 1963). Das abgebaute Erz wurde durch spezielle, in den Verfüllungen eingebaute Rutschen auf die Hauptfördersohle geleitet, wo es in Hunde verladen und abtransportiert wurde. Diese Technik kam unter anderem in den Gruben Reinhard, Christiane, Eckefeld und Charlottenzug zum Einsatz.